Seite wählen

Unser aktueller Buch-Tipp:

Die Suche nach Sinn

Intelligenz im Spannungsfeld von Idealismus, Desillusionierung und Hoffnung

von James T. Webb

Dieses letzte, vor seinem Tod 2018 verfasste Buch von James T. Webb richtet sich an alle „grüblerischen Idealisten“, die er als Menschen beschreibt, die aufgrund ihrer hohen Intelligenz, Metakognition und emotionalen Intensität anfällig für eine so genannte „existentielle Depression“ sind. Der Autor will den Betroffenen dabei helfen, die Ursachen und Gründe für eine existentielle Depression zu verstehen und Gegenstrategien zu entwickeln.

Zufriedenheit ohne Sinn?

Es handelt sich um ein gut lesbares Buch für jeden, der sich bewusst oder unterbewusst mit den Fragen „Was mache ich hier eigentlich?“, „Wieso tun sich Menschen all das, was sie tun, gegenseitig und darüber hinaus der Natur an?“, „Wie soll ich mit meinem Beitrag je etwas Signifikantes ändern?“, „Wie kann ich glücklich und zufrieden sein, solange mein Leben keinen Sinn verwirklicht?“ auseinandersetzt. Der Autor bietet allerdings keine Antwort auf die Sinnfrage an – im Gegenteil, als selbst Betroffener gibt er offen zu, dass eine nüchterne, von Illusionen befreite Bestandsaufnahme der Weltlage ihn in Kummer und Verzweiflung stürzen kann.

James T. Webb – ein Vorzeige-Idealist

Wer James T. Webbs Werke, insbesondere das für jeden Hochbegabten und insbesondere Eltern von hochbegabten Kindern zu empfehlende „Doppel- und Fehldiagnosen bei Hochbegabung“, kennt, weiß die positive Grundhaltung und den Optimismus des Autors im Hinblick auf das Thema Hochbegabung zu schätzen. Gleichzeitig vermag ich mich des Eindrucks nicht zu erwehren, dass James T. Webb manchmal eine zu fokussierte Sichtweise auf das Thema Hochbegabung mitbringt. Während der Autor hochbegabten Menschen stets auch eine gewisse emotionale Übererregbarkeit zuschreibt (von der im Übrigen häufig angenommen wird, dass sie der von Elaine Aron beschriebenen Hochsensibilität entspricht, was ich nicht so sehe) und überwiegend hochintelligenten Menschen die Fähigkeit zur Metakognition – also des Denkens über das Denken bzw. das Stellen der „Sinnfrage“ – zuweist, sind Metakognition und Idealismus für mich neben der Hochbegabung und Hochsensibilität weitere, nicht zwingend miteinander verknüpfte Persönlichkeitseigenschaften. Insofern empfinde ich den Ausgangspunkt des Buchs „Die Suche nach Sinn“ leider als etwas elitär.

Bewältigungsstrategien

Die zweite Hälfte des Buchs setzt sich dann damit auseinander, wie ein glückliches und zufriedenes Leben nach bzw. trotz einer existentiellen Depression(sneigung) gelingen kann. Voraussetzung für den konstruktiven Umgang mit einer existentiellen Depression sind die persönliche Selbsterkenntnis und -annahme. Dazu gehört, die eigenen Schattenseiten, verdrängte Persönlichkeitsanteile und blinde Flecken zu erforschen, sein Anderssein zu akzeptieren und, was mir als ausdrückliches Ziel im Buch fehlt, sich selbst mit all seinen Facetten liebevoll anzunehmen. Die angebotenen konkreten Bewältigungsstrategien, darunter Selbstverantwortung, soziales Engagement, Selbstreflektion, Humor, Loslassen, im Hier und Jetzt leben und seine Erfahrungen weitergeben, sind nützlich, auch wenn sie mir noch nicht vollständig erscheinen.

Meine persönliche Sicht

Meine eigene Geschichte der Metakognition beginnt mit vier Jahren, und seitdem habe ich definitiv alle Coping-Strategien, die James T. Webb in zwei Kapiteln in ungesunde und gesunde Bewältigungsstrategien unterteilt, ausprobiert. Anders als der Autor meine ich, dass die beiden wirksamsten Wege, seiner existentiellen Depression(sneigung) zu begegnen darin bestehen, sich selbst und andere bedingungslos zu lieben und seinem liebevoll-metakognitiven Selbst in möglichst allen Facetten Ausdruck zu verleihen, sei es über Kleidungsstil, berufliche, soziale, familiäre und künstlerische Betätigung, Offenheit, Toleranz und Verständnis. Daraus folgt, einfach weil man seine Energie anders fokussiert, automatisch die erforderliche Abgrenzung zu negativen Einflüssen (wie einem krankmachenden beruflichen Umfeld, Energie raubenden Auseinandersetzungen mit der Herkunftsfamilie, schlechten Nachrichten).

Vielleicht ist das auch nur die Zusammenfassung seiner konkreten Tipps: Selbstliebe, Selbstausdruck und Abgrenzung.

Meine Empfehlung

Das Buch ist als letztes Buch von James T. Webb ein „Muss“ für alle Fans. Inhaltlich würde ich es allen empfehlen, die sich noch nicht trauen, die Sinnfrage für sich zu stellen und auf Antwortsuche zu begeben. Denn es ist ein sehr empathischer und auffangender Begleiter auf dem Weg, die Frage „Wer bin ich und was mache ich hier?“ zuzulassen, zu beleuchten und auf dem weiteren Weg in ihrer ewigen Wandelbarkeit mitzunehmen.

Uns macht es Freude, unsere Gedanken zu den Büchern mit euch zu teilen. Unsere Buch-Tipps sind nie kommerziell – wir „verdienen“ nichts damit. Wenn ihr mehr zu dem Buch erfahren wollt, klickt auf den Link.

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen