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Freiheit ist ja mein Thema des Jahres 2020 (vielleicht auch deines?). Da ist die Frage natürlich, wie fühlt sich Freiheit in den Zeiten von Corona an?

Erstmal ganz gut. Da ich mir die Freiheit nehme, so wenige Nachrichten wie möglich zu konsumieren, habe ich von der Thematik recht spät mitbekommen. Am Anfang fand ich es noch kurios, dass berufliche Kontakte plötzlich den Handschlag verweigerten. Dann wurde das Schwimmbad, in dem wir jeden Sonntagvormittag schwimmen gehen, immer leerer. Den ersten Sonntag machten wir darüber noch Scherze. Den zweiten Sonntag begrüßten sich schon die letzten „Verbliebenen“. Die Bademeister blieben entspannt. Doch heute ist das Schwimmbad geschlossen, die Sonntagsroutine musste geändert werden.

Für mich persönlich die größte Einschränkung ist auch tatsächlich die Schließung von Schwimmbad, Zoo, Spielplätzen, usw. Das klingt harmlos?

Ja, ich weiß. Und ich bin dankbar, dass meine dreijährige Tochter nicht in eine jetzt geschlossene KiTa geht, ich in einem freien Beruf selbständig bin und unser Alltag deshalb gar nicht groß änderungsbedürftig ist. Wir selbständige Freiberufler dürfen nach wie vor unser Büro offen haben und Kundentermine wahrnehmen. Und als Hunde- und Gartenbesitzer kommen wir auch ausreichend nach draußen, so dass uns nicht die Decke auf den Kopf fällt.

Und doch: Wir mussten unsere für den 26.3. und 19.4. geplanten Eröffnungsfeiern absagen – jetzt genießen wir alleine unser kleines SinnReich im Herzens Kölns direkt am Neumarkt. Und dabei hatten wir uns schon so auf Menschen gefreut, die vorbeibummeln und auf einen Kaffee, ein offenes Ohr oder einfach aus Neugier hereinschauen. Menschen, die einem auf der Straße entgegenkommen, weichen aus. Im Supermarkt herrscht Weltuntergangsstimmung. Auf facebook scheint es kein anderes Thema mehr zu geben. Dabei gehen die Meinungen weit auseinander: Die einen, die nach der Ausgangssperre rufen und buchstäblich flehen, jeder möge zu Hause bleiben (aber was ist mit all denen, die weiterhin einer nicht systemrelevanten Arbeit nachgehen und lustig Tröpfchen im Großraumbüro austauschen?). Die anderen, die in den verhängten Maßnahmen das Ende der Demokratie erblicken. Und dann die Gruppe, die in allem etwas Positives sehen möchte und den neuen sozialen Zusammenhalt hervorhebt oder dazu aufruft, zu einer bestimmten Uhrzeit aus dem Fenster zu musizieren. Zwischendurch die Werbung für Kinderbeschäftigungsprodukte.

Und dazwischen immer wieder die Frage: Wie frei sind wir eigentlich? Wie frei kann ich sein, hier, heute, unter den gegebenen Umständen?

Wenn wir’s mal positiv sehen: Tatsächlich genießen wir gerade mehr Freiheit. Unsere Kinder haben schul- und kitafrei. Die Schließung sämtlicher Geschäfte bis auf den Lebensmittelhandel führt außerdem zu einer größeren Konsumfreiheit (soweit nicht nach online verlagert). Die verstärkte Nutzung von Home Office und Online-Meetings – bis hin zur in Quarantäne befindlichen Bundeskanzlerin – bedeutet nicht nur für die Eltern, die wie wir „selbstbetreuen“ und dafür auch Home Office und Online-Meetings nutzen, größere Freiheit, dies gegenüber Arbeitgeber, Geschäftspartnern und Kunden umzusetzen und auch in Zukunft mehr Anerkennung für die so geleistete Arbeit zu erhalten. Weiterer Freiheitsgewinn: Lästige soziale Verpflichtungen können ohne schlechtes Gewissen abgesagt werden. Auch wurde die Meinungsfreiheit noch nicht eingeschränkt. Ich darf ungestraft sagen und schreiben, dass ich die verhängten Maßnahmen für übertrieben halte und von Politik und Gesellschaft ein anderes Verhalten erwartet hätte.

Na fein, so weit dazu. Aber was machen die Gefühle? Die fahren trotzdem Achterbahn. Einerseits bin ich als hochsensible Person nicht immer gut darin, mich gegen die Gefühle anderer abzuschirmen. Entsprechend stresst mich ein Tag, an dem ich hintereinander die verschiedensten Klienten betreue, von denen jeder mir eine andere Sichtweise, einen anderen Umgang mit der jetzigen Situation zeigt. Andererseits fällt es mir schwer, eine kontroverse Debatte über staatliche Maßnahmen und deren Folgen unkommentiert zu lassen. Unlogische Argumentationsketten oder postulierte Axiome bringen mich auf die Palme, ich kann mir nicht helfen.

Aber viel schlimmer: Die allgemeine Entschleunigung macht mir bewusst, dass mein Leben doch gar nicht so entschleunigt ist, wie ich mir das wünsche und auch davon überzeugt bin – theoretisch.

Und komisch: Allein die letzten drei Tage habe ich Sachen gemacht, die ich selten mache, und die für mich mit einem Glücks- und Freiheitsgefühl verknüpft sind: Bis nach neun Uhr schlafen, Picknick, ausgedehnter Freilauf für den Hund, Fahrrad- statt Autofahren.

Liegt das jetzt am Corona-Shutdown oder doch einfach an der intensiven Frühlingssonne? Ich kann es nicht wirklich sagen. Was ich weiß, ist, dass ich die letzten Wochen noch intensiver als sonst darüber reflektiert habe, was mir wirklich wichtig ist und welche Maßstäbe ich anlegen möchte. Und das ist (innere) Freiheit. Und vielleicht erleichtert so ein Ausnahmezustand es, mit sich selbst so schonungslos ehrlich zu sein, wie diese Themen es nun mal erfordern. Einfach deshalb, weil das Unfassbare, das sich realisiert, ein gefühltes Vakuum hinterlässt, in dem Platz ist für sonst undenkbare Gedanken.

Nutzt du diese intensive Zeit auch, um schonungslos ehrlich mit dir selbst zu sein? Deine Werte und Maßstäbe zu hinterfragen und neu zu definieren? Undenkbares zu denken? Fühlst du dich davon manchmal überfordert? Stürzt dich das vielleicht sogar in ein Gefühlschaos? Wünschst du dir, mit alldem nicht allein zu sein? Dann melde dich bei uns – wir sind in dieser intensiven Zeit mit einem offenen Ohr für dich da 🙂

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