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Wie läuft es eigentlich mit meinem „Jahr der Freiheit“?

Vielleicht vorab die ersten beiden großen Erkenntnisse: Es wird wohl eher ein Jahrzehnt der Freiheit werden als ein Jahr 😀 Und: Freiheit ist nicht gleich Freiheit. Darüber will ich heute schreiben.

Zwei Arten der Freiheit

Wie komme ich dazu, Freiheit ist nicht gleich Freiheit? Irgendwie verfolgt mich ja in meinem Leben die Dichotomie Künstler – Bürger (wie im Gesamtwerk Thomas Manns und z.B. bei Hermann Hesse in Narziss und Goldmund und im Glasperlenspiel). Und jetzt hat sie mich auch beim Thema Freiheit „eingeholt“.

Künstlerische Freiheit

Es gibt die wilde, spielerische Freiheit. Die, bei der ich sage: Mir ist alles egal. Dieser Abschnitt, dieser Bereich, dieses Leben: Ich setze mir vielleicht Ziele, vielleicht auch nicht, aber ich werfe mein Herz nicht dergestalt auf eines davon, dass ich mich davon abhängig machen will. Ich plane das Scheitern, das Ende, den Umbruch mit ein. Dieser Lebensbereich oder Abschnitt, zum Beispiel eine berufliche Station ist jetzt meine Spielwiese. Ich schaue mal, was passiert: Ob ich befördert werde, ob ich erfolgreich bin, ob es mich krank macht, ob ich irgendwann weggemobbt werde oder einfach nur noch gehen will, ob diese Beziehung länger hält als fünf Jahre, ob meine Eltern mich noch mögen, wenn ich plötzlich alles anders mache, was ein längerer Auslandsaufenthalt mit mir macht.

In Extremo: Ich ziehe täglich von Ort zu Ort, liebe täglich neue Menschen, verlasse sie für immer, lebe von der Hand in den Mund. Oder auch: Ich arbeite täglich sechzehn Stunden, schlafe höchstens fünf, nehme aufputschende Substanzen um das durchzuhalten und Beruhigungsmittel um schlafen zu können. Vielleicht werde ich dabei reich, vielleicht krank, vielleicht komme ich ins Gefängnis, vielleicht in ein hohes politisches Amt.

Bürgerliche Freiheit

Das ist die künstlerische Freiheit. Sie ist unabhängig, sie ist wild, sie ist spielerisch, sie kann sanft sein oder zerstörerisch. Ihr Verhältnis zur Macht ist ein tänzerisches: Mein Tanzbereich, dein Tanzbereich. Wenn wir uns berühren, kann es funken oder knallen. Wenn es funkt, suche ich mir die nächste Spielwiese, wenn es knallt, gehe ich ohne Reue.

Und dann gibt es die sich selbst begrenzende Freiheit. Die Freiheit, bei der ich – aus freiem Entschluss und aus Liebe zur Freiheit – mir Ziele gesetzt habe, von denen einige nicht kompatibel sind mit Regelwerken, denen ich mich nicht entziehen kann oder will. Diese Freiheit ist gesetzter, behäbiger, anstrengender. Andererseits: Innovativ, erfinderisch, und unter Gleichgesinnten, solidarisch.

Das ist die bürgerliche Freiheit. Ihr Verhältnis zur Macht ist konfliktbeladen. Diese Freiheit ist nämlich so frech, soziale oder rechtliche Normen dahingehend in Frage zu stellen, ob die mit ihnen verbundene Freiheitbeschränkung tatsächlich geeignet, erforderlich und angemessen ist, die Freiheit anderer zu wahren. In unserer selbstverliebten rechtsstaatlichen Demokratie ist sie schon fast ketzerisch, ist jene doch der Überzeugung, diesem Maßstab jederzeit gerecht zu werden. Die bürgerliche Freiheit erlaubt kein reueloses Weggehen im Falle des Scheiterns – sie fordert die Auseinandersetzung.

Stärke deinen Selbstausdruck & vermeide, dich zu verkämpfen

Beiden Arten der Freiheit ist gemeinsam, dass ich mir Raum gebe, mich selbst authentisch und vollständig, in all meinen Facetten, auszudrücken.

Ist eine Freiheit besser als die andere? Nein. Ich glaube auch, dass beide Arten parallel, im Hinblick auf verschiedene Lebensbereiche, ausgelebt werden können und je nach Lebensabschnitt immer wieder ihre eigene Berechtigung erlangen.

Aber es kann hilfreich sein, sich immer wieder bewusst zu machen, auf welcher Grundlage du gerade agierst, in welchem Freiheitsbereich du unterwegs bist, um unnötige Kämpfe zu vermeiden beziehungsweise dich für lohnende zu motivieren. 

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