Unser aktueller Buch-Tipp:
Der Panama-Hut oder Was einen guten Therapeuthen ausmacht
von Irvin D. Yalom
In diesem anekdotisch gehaltenen Ratgeber berichtet der erfahrene Psychotherapeut Irvin Yalom aus seiner 45-jährigen Berufspraxis. Er will damit insbesondere junge Therapeuten ermutigen, sich mit ihren Gefühlen dem Patienten zu offenbaren. Das ist natürlich Wasser auf die Mühlen von uns Coaches – sehen wir es doch als Abgrenzungsmerkmal zur Therapie an, dass wir uns unseren Klienten gegenüber auf Augenhöhe offenbaren.
Therapeutische Selbstoffenbarung im Hier und Jetzt
Natürlich geht es Yalom um eine andere Art der Selbstoffenbarung als der im Coaching-Kontext. Ihm ist es besonders wichtig, dass der Therapeut seine subjektiven, persönlichen emotionalen Reaktionen auf die Verhaltensweisen des Patienten im „Hier und Jetzt“, also im Kontext der Beziehung zwischen der Therapeutin und dem Klienten, äußert. Hierdurch lerne der Patient zu erkennen, wie er auf andere Menschen wirkt. Diese emotionale Erkenntnis im Hier und Jetzt hält Yalom sogar für bedeutsamer für den Therapieerfolg als die intellektuelle Analyse solcher Verhaltensmuster und Übertragungen, auf die er aber keinesfalls verzichtet.
Entspannte Lektüre
„Der Panama-Hut“ ist in kleine, gut verdauliche Kapitel-Happen aufgeteilt, die jeweils einen konkreten Tipp an junge Therapeuten verbunden mit entsprechenden Anekdoten aus seiner Praxis enthalten. Dadurch ist das Buch entspannt in einem Rutsch durchzulesen oder auch immer wieder zur Hand zu nehmen, ohne sich mühsam wieder eindenken zu müssen.
Warum ich das Buch mag
Ich persönlich habe das Buch sehr gerne gelesen, weil Irvin Yalom einfach ein sympathischer Therapeut ist. Er hängt keiner dogmatischen Schule an, er begegnet seinen Patienten auf Augenhöhe, gesteht Fehler ein und bekennt sich zu seinen menschlichen Schwächen. Seine Ausführungen zum Mehrwert von Therapiegruppen gegenüber Einzeltherapie bestärken deutlich unseren Ansatz, zu zweit zu coachen und dabei sehr häufig die Methode des Reflecting Team einzusetzen, also wertschätzend über den Klienten zu reden, während er uns zuhört. Implizit hilft das Buch auch bei der Schärfung, Therapie von Coaching abzugrenzen, indem Yalom es ablehnt, den therapeutischen Prozess durch „Übungen“ zu beschleunigen – was gerade das ist, was ein Coach tut. Beachtlich finde ich auch, dass Yalom dem Buch für die zweite Auflage in seinen 80ern noch prägnante Kapitel über die Bedeutung der neueren neurobiologischen Forschung für die Psychotherapie hinzugefügt hat.
Meine Empfehlung
Insgesamt ist das Buch eine gute Feierabendlektüre für alle, die im sozial-interpersonalen Kontext mit Menschen arbeiten, aber auch für alle, die überlegen, ob eine Therapie und/oder ein Coaching für sie das Richtige sein könnte und für alle, die Ängste und/oder Vorbehalte gegenüber analytischer Psychotherapie haben und sich diesen stellen wollen.
Uns macht es Freude, unsere Gedanken zu den Büchern mit euch zu teilen. Unsere Buch-Tipps sind nie kommerziell – wir „verdienen“ nichts damit. Wenn ihr mehr zu dem Buch erfahren wollt, klickt auf den Link.
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