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Eigentlich wollten wir ja „nur“ unsere Kundentoilette einrichten. In unserem wunderbaren neuen Ladenlokal, direkt am Neumarkt im Herzen Kölns. Kuschelige 20 Quadratmeter Praxisfläche und ein kleines WC. Warum wir uns dafür ausgerechnet Rosenmontag ausgesucht haben? Es hat irgendwie mit dem Terminkalender gepasst – oder passen müssen. Denn wir wollten die Kundentoilette fertig haben, bevor Tisch und Stühle geliefert würden. Unser Tagesplan sah vor, zuerst die Lampe anzubringen, dann alles zu putzen, den schon aufgebauten Waschtisch an Ort und Stelle zu bringen und anzuschließen. Das sollte doch bis zum Mittagessen machbar sein – oder? Als wir noch mit den Vorbereitungen beschäftigt waren, stellte sich ein älterer Herr vor unserer Schaufensterscheibe auf und schaute über die auf Kopfhöhe hochgezogenen Plissees zu uns herein. Da dies einige Minuten anhielt, grüßten wir freundlich. Daraufhin klopfte er an unsere Tür. Er wolle nur mal schauen, was wir hier so machten. Lebensberatung, aha. Er wohne etwas weiter hinten in der Straße. Noch sei es ja ziemlich unordentlich. Ob das denn noch ordentlicher würde? Solcherart ermutigt machten wir uns zunächst an die Inspektion des Kabelkanals, an dessen Ende wir die Wandlampe montieren wollten. Nach einigen Gedankenexperimenten zum Kürzen des Kabelkanals fanden wir eine Lösung. Auch das Löcherbohren und das Anbringen des Lampenfußes klappten erstaunlich gut. Zu gut? Es begann mit meiner Frage, ob, wo wir nun einmal die Sicherungen rausgedreht hatten, wir nicht gleich auch die Steckdose entfernen wollten, die störend für unser Spiegelkonzept war. „Hast du schonmal eine Steckdose entfernt?“ „Ja!“ war die selbstsichere Antwort. Dass dieses Entfernen nur bis zur Plastikabdeckung gereicht hatte, blieb dabei unausgesprochen. Das wurde erst klar, als alle Stromkabel, die einstmals in die Steckdose geführt hatten, nach mühevoller Suche isolierenden Klebematerials abisoliert waren und dadurch der gesamte Stromkreislauf im Ladenlokal unterbrochen war. Mein Paniklevel stieg, denn ich dachte zuerst an einen Kurzschluss, der unsere anderen Lampen und Leitungen beschädigt haben könnte. Pünktlich hierzu kam an unserem Schaufenster eine Gruppe fröhlich Karneval feiernder Transvestiten vorbei, die uns belustigt zusahen und nach nur einem Blick auf uns (und möglicherweise unseren Regenbogenjutebeutel) zu dem Schluss kamen „Das muss was Lesbisches sein, arbeiten am Rosenmontag“. Der Versuch, die Kabel wieder im vorherigen Zustand (den wir leider nicht abfotografiert hatten und an den unsere Erinnerung folglich leider fehlerhaft war) in das Innenleben der einstigen Steckdose zu stecken, endete damit, dass mir mit Funkenschlag die Sicherung wieder herausflog. Zu diesem Zeitpunkt konnte von Panik keine Rede mehr sein, wir waren beide voll „in unserem Film“ – die eine in der Schleife, „alles ist kaputt, es ist meine Schuld, ich will mich bestrafen“, die andere in „das muss ich doch können, wenn ich noch nicht mal das kann, was denn dann?“. Schließlich wurde ich zum Spaghettikochen geschickt, eine gute Lösung zum Runterkommen. Nach dem Konsum der Spaghetti und etlichen Heimwerker-Videos auf You Tube wurde uns klar: Es handelte sich nicht um eine im normalen Stromkreislauf installierte Steckdose, dafür waren die Verkabelungen zu merkwürdig, aber wir konnten rekonstruieren, wie sie zuvor zusammengesteckt gewesen sein mussten, um Sinn zu ergeben. Wundersamerweise funktionierte das sogar, und unsere Deckenlampe hatte es auch überlebt. Aber die neu angebrachte Bad-Lampe tat es einfach nicht. Mit verschiedenen, gerade noch funktionsfähigen Glühbirnen nicht. Und das, obwohl laut Strommesser auf dem Sockel Strom war. Während unserer Bemühungen zogen die Schaulustigen vom Rosenmontagszug weiter an uns vorbei. Eine Gruppe Affen, deren Kostümierung offenkundig an das Musikvideo der Blood Hound Gang zu „Discovery Channel“ angelehnt war, hielt glotzend an und schlug sich nach vermeintlicher Affenart die Fäuste auf die Brüste. Ein Anruf bei verschiedenen Baumärkten ergab: Die lokale Billigkette hatte Rosenmontag selbstverständlich zu und Dienstag nur bis 13 Uhr geöffnet, bei der überregionalen Großkette wurde uns dagegen mitgeteilt: „Das ist kein gesetzlicher Feiertag, alle Kölner Filialen müssen aufhaben!“. Der Tage endete also mit einem Umtausch der defekten Badlampe im Baumarkt …

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